Koordination:
H. Hausmaninger, Salzburg
Unter Mitarbeit von:
M. Dünser, Innsbruck
H. Hauser, Graz
G. Reiner, Wien
H. W. Waclawiczek, Salzburg
Grundsatz
Die Prognose von Patientinnen mit Mammakarzinom ist durch das voraussichtliche rezidivfreie Intervall bzw. durch das voraussichtliche Gesamtüberleben auszudrücken. Prognostische Faktoren, die das rezidivfreie Intervall bzw. das Gesamtüberleben beeinflussen, sind folgende: Tumorgröße, Lympfknotenbefall, Fernmetastasierung, Differenzierungsgrad, Hormonrezeptorstatus, histologischer Tumortyp, Proliferationsrate, Invasivität und Metastasierungsfähigkeit sowie das Ansprechen auf eine Allgemeintherapie.
Ziel
Durch Kenntnis der prognostischen Faktoren kann eine exaktere Voraussage über den individuellen Krankheitsverlauf gegeben werden. Durch Kenntnis der prognostischen Faktoren können Gruppen mit unterschiedlicher Prognose definiert werden und kann letztlich eine risikoadaptierte Therapie eingeleitet werden, wodurch eine Verbesserung der individuellen Prognose erreicht werden kann.
Die Bestimmung des Erkrankungsstadiums bei der Diagnosestellung erfolgt durch Erhebung des Tumorstadiums nach der TNM-Klassifikation nach UICC (siehe Tabelle). Es wird die Tumorgröße (T), der Lymphknotenbefall (N) und die Fernmetastasierung (M) erfaßt.
Mit steigender Tumorgröße wird die Prognose schlechter. Die Anzahl der befallenen Lymphknoten ist der stärkste prognostische Faktor beim Mammakarzinom. Sind die axillären Lymphknoten nicht befallen, so überleben 75% der Patientinnen 10 Jahre ohne Wiederauftreten der Erkrankung. Sind 1-3 Lymphknoten befallen, so liegt die Gesamtüberlebensrate nach 10 Jahren bei 36%, bei mehr als 3 befallenen Lymphknoten bei 14%. Das Vorhandensein von Fernmetastasen bei der Diagnosestellung bedeutet eine sehr schlechte Prognose.
Weitere histopathologische Kriterien, wie die Größe der Lymphknotenmetastasen, Durchbruch der Lymphknotenkapsel, Blutgefäßeinbruch des Tumors und ähnliches stellen keine eigenständigen Prognosefaktoren dar, da sie in der Regel mit dem TNM-Stadium eng verknüpft sind. Der Zusammenhang zwischen TNM-Stadium und Prognose macht deutlich, daß die Früherkennung des Mammakarzinoms von eminenter Bedeutung ist. Diese wird möglich und verbessert durch entsprechende gesundheitspolitische Maánahmen wie vermehrte Aufklärung der Bevölkerung, Screening-Programme, Gesundenuntersuchung und Anleitung zur Selbstuntersuchung vor allem auch in l”ndlichen Gebieten.
TNM-Klassifikation nach UICC
T-Kategorie
pTis Carcinoma in situ
pT1 Prim<132>rtumor <<= 2 cm
pT2 Prim<132>rtumor 2-5 cm
pT3 Prim<132>rtumor >> 5 cm
pT4 Prim<132>rtumor mit Infiltration der Thoraxwand, <153>dem oder<R> Ulzeration der Haut oder inflammatorisches Karzinom
pTx Tumorgr<148><217>e nicht bestimmbar
N-Kategorie
pN0 keine region<132>ren Lymphknotenmetastasen
pN1 Metastasen in verschieblichen, ipsilateralen, axill<132>ren<R> Lymphknoten
pN1a Mikrometastasen (<<= 0,2 cm)
pN1b Metastasen (>>0,2 cm)
pN1bi Metastasen in 1-3 Lymphknoten
pN1bii Metastasen in 4 oder mehr Lymphknoten
pN1biii Metastasen mit Ausbreitung <129>ber die<R> Lympknotenkapsel
pN1biv Metastase >> 2cm
pN2 Metastasen im ipsilateralen axill<132>ren Lymphknoten mit<R> Fixierung untereinander oder der Umgebung
pN3 Metastasen der ipsilateralen parasternalen Lymphknoten
pNX Lymphknotenstatus kann nicht erhoben werden
M-Kategorie
pM0 Keine Fernmetastasen
pM1 Fernmetastasen vorhanden
pMX Vorhandensein von Fernmetastasen nicht beurteilbar
Die Prognose von Patientinnen mit Mammakarzinom wird auch von tumorspezifischen Faktoren beeinflußt, die die Tumorbiologie näher charakterisieren. Diese Faktoren sind die Tumordifferenzierung, ausgedrückt im histopathologischen Grading sowie im histologischen Tumortyp, die Fähigkeit des Tumors, spezielle Proteine zu produzieren, wie Steroidhormonrezeptoren oder EGF-Rezeptor oder Wachstumsfaktoren wie TGF-alpha (tumor growth factor-alpha) und die Wachstumsgeschwindigkeit, ausgedrückt in der Mitoserate (S-Phase Zellfraktion, Flow cytometrie oder Thymidin rebeling index) (siehe Kapitel 4).
Spezifische Marker für Invasivität bzw. Metastasierungsfähigkeit sind Gegenstand intensiver wissenschaftlicher Forschung. Auch die Genamplifikation (HER-2/neu, ras) im Tumorgewebe wird mit der Prognose in Zusammenhang gebracht. Bisher liegen aber widersprüchliche Ergebnisse vor.
Der Verlauf der Erkrankung selbst oder der Effekt therapeutischer Maánahmen ermöglicht auch weiterhin prognostische Aussagen. Patientinnen, die bei einer primären Chemotherapie (präoperativ, proadjuvant, neoadjuvant) eine Tumorrückbildung aufweisen, haben eine bessere Prognose für den weiteren Verlauf. Auch die Länge des rezidivfreien Intervalls (Zeitraum zwischen Prim”rtherapie und Auftreten eines Rezidives) bzw. der Metastasierungstyp sind von prognostischer Bedeutung.
Eine Verbesserung der Prognose ist durch Früherkennung beziehungsweise durch den adäquaten Einsatz von chirurgischen und adjuvanten Therapiemaßnahmen zu erreichen.